Lehrt die Schrift die Allaussöhnung?
(Does Scripture Teach Universal Salvation?)
Willy Dick
Es ist keine müßige Frage, die wir hier aufrollen. Sie ist von tief einschneidender Bedeutung zum Erfassen des gesamten göttlichen Heilsplanes. Wird Gott am Ende Seiner Rettungswege nur einen Teil Seiner Geschöpfe zum Ziel gebracht haben? Wird die große Disharmonie, die große Kluft, die gegenwärtig Milliarden von Geschöpfen vom Schöpfer trennt, für immer bestehen? Gleicht Gott einem unvollkommenen Töpfer, dem eine Menge Seiner Tongefäße mißraten und die Er vor Zorn darüber zerschlägt und sie ins Feuer wirft, weil Er nie mehr etwas damit anfangen kann? Wäre es denn wirklich wahr, daß aus Ihm und durch Ihn und zu Ihm hin das All ist (Röm. 11, 36)? - Das allein sind Fragen, die jeder Gläubige irgendwie einmal in sich bewegt. Es wird auch keinen Gläubigen geben, dem es Gewißheit ist, daß er aus Gnaden errettet wurde, der sich nicht im tiefsten Herzen danach sehnt, daß Gott auch allen anderen Geschöpfen helfen möge, oder sollte das Gott nicht wollen? Sollte Ihm der sogenannte freie Wille der Geschöpfe unüberbrückbare Schranken setzen.
Wir wollen all diese einschlägigen Fragen der Reihe nach gründlich untersuchen. Ferne sei es von uns, damit irgendwelche fruchtlosen Meinungen zu diskutieren - wir möchten vielmehr wachsen in der Erkenntnis der wunderbaren Liebe unseres Gottes. Die Länge und Breite und Tiefe und Höhe dieser Liebe soll uns nach Epheser 3, 14-21 aufgeschlossen werden. In dieser Liebe werden wir dann völlig zur Ruhe kommen. Wir werden anbeten lernen über die alles übersteigende Liebe Gottes!
Die von Gott gegebene Sehnsucht der Menschen
Jeder Mensch ersehnt im tiefsten Herzen die Aussöhnung des Alls. Wir sind auf Harmonie angelegt, eine endlos fortbestehende Disharmonie im All würde uns nie beglücken. Wer kann restlos glücklich sein, solange er weiß, daß Menschen, die er einst liebte, gequält werden? Wer kann sich restlos seiner Errettung freuen, wenn er weiß, daß es noch Milliarden von Ungeretteten gibt? Man hat die Ausrede gefunden: Wir werden dann so vollkommen einig sein mit Gottes Plänen, daß wir solch sentimentale Gefühle nicht mehr hegen. Das ist aber nur eine Ausrede. Sollte denn Gott sich von unserer Liebe beschämen lassen? Sollte Er uns gebieten: „Wenn deinen Feind hungert, so gib ihm den Bissen! Wenn ihn dürstet, gib ihm zu trinken... Werde nicht vom Üblen überwunden, sondern überwinde das Üble mit dem Guten“ (Röm. 12, 20. 21), und Er Selbst das nicht tun? Man sagt: Ja, aber Seine Gerechtigkeit und Seine Heiligkeit! - Wir wollen im Verlauf dieser Untersuchung zeigen, daß dieselben in keiner Weise zu kurz kommen. Es steht aber nicht geschrieben: Gott ist die Heiligkeit. Er ist heilig. Andererseits aber: Gott ist die Liebe; die Liebe ist Er wesenhaft! Da geht es nun nicht an, Sein Wesen gegen SeineEigenschaften auszuspielen.
Die Allaussöhnung entspricht auch vollkommen der Geduld und der Weisheit Gottes. Wie wunderbar hat Gott vielfältig in Seinem Wort Seine Geduld bewiesen. Wie hat Sein Erbarmen den Saulus getragen und ihn aus purer Gnade errettet zum Vorbild für alle, die an Ihn glauben werden zum äonischen Leben (1. Tim. 1, 16). Das Wunder seiner eigenen Errettung sieht Paulus als festen Beweis dafür an, daß einmal ganz Israel noch errettet werden wird (Röm. 11, 1). Warum sollte Gott dieses eine Volk von der Menschheit so bevorzugen und es trotz aller Sünde, trotz aller Widerspenstigkeit, trotz aller Schuld und Schande noch zum Ziel bringen und in seiner Gesamtheit erretten (Röm. 11, 25. 26) - und für die anderen Nationen sollte es nur Flüche geben? Dem ist nicht so. Paulus erklärt Römer 11, 28, daß die Israeliten jetzt dem Evangelium nach Feinde sind um unsertwillen, daß sie aber gleichzeitig hinsichtlich der Auswahl Geliebte sind um der Väter willen. Denn die Gnadengaben und die Berufung Gottes sind unbereubar. Die Nationen haben einst nicht geglaubt, sind aber jetzt unter das Erbarmen gekommen durch den Unglauben Israels (Vers 30). Also, fährt Paulus fort, haben auch die Juden jetzt nicht an das uns zuteil gewordene Erbarmen geglaubt, damit auch sie unter das Erbarmen kommen. Einmal glauben die Nationen nicht und sind Feinde und Israel glaubt, und dann wiederum ist Israel verstockt und die Nationen glauben. Das alles kommt von Gott! Denn Gott hat alle zusammen in Widerspenstigkeit eingeschlossen, damit Er Sich aller erbarme (Röm. 11, 32). Beachten wir: Gott hat das getan! Dieses Einschließen in ein solch entsetzliches Gefängnis wäre ein gefährliches Experiment, wenn Er nicht wüßte, daß alle wieder herauskommen. Paulus glaubte dies bestimmt, sonst hätte er darüber nicht anbeten können: „0 Tiefe des Reichtums, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unausforschlich sind Seine Urteile und wie unausspürbar Seine Wege!“ Das Herz des Paulus brannte vor Verlangen danach, daß sein verblendetes Volk auch Errettung finden sollte. Lieber wollte er für seine Brüder zeitweilig verbannt sein, wenn sie dadurch gerettet werden könnten (Röm. 9, 3). Gott Selbst hat ihn wegen dieses Schmerzes getröstet, indem Er ihm das große Geheimnis offenbarte, daß Israels Verblendung nur zeitweilig ist (11, 25). Wir fragen noch einmal: Warum ist dieses keineswegs edelste Volk der Menschheit so bevorzugt?
Gottes Wille ist kein Wunschdenken
Stimmt die Aussöhnung des Alls auch mit dem Willen und der Allmacht Gottes überein? Die Schrift ist darüber ganz eindeutig. In Bezug auf Menschen heißt es in 1. Timotheus 2, 4, daß Er will, daß alle Menschen gerettet werden und zur Erkenntnis der Wahrheit kommen. In Bezug auf Fürstentümer und Gewalten, die durch den Sohn und für den Sohn geschaffen wurden, heißt es in Kolosser 1, 20, daß diese himmlischen Intelligenzen auch durch das Blut des Christus mit Gott ausgesöhnt werden sollen. Der Wille Gottes, das All zu erretten und auszusöhnen, ist unbestreitbar. Ob Gott auch kann, was Er will? Diese Frage zu erörtern, grenzt geradezu an eine Gotteslästerung.
Wir haben bis jetzt davon gesprochen, daß jeder Gläubige im tiefsten Herzensgrund die Allaussöhnung ersehnt. Bei manchen mag das ja jahrelang nicht der Fall sein, aber ihnen kommt diese Sehnsucht bestimmt auch, wenn Angehörige, für die sie jahrelang gebetet haben, eben doch unbekehrt sterben! Die Hoffnung, daß dies nicht der Fall sein möge, schlummert in uns und wir sind im Grunde genommen hierin Egoisten. Wir haben weiter gesehen, daß die Aussöhnung des Alls dem Wesen Gottes entspricht, Seiner Liebe; wir erkannten weiter, daß sie mit der Geduld und Weisheit des Schöpfers übereinstimmt, und sahen fernerhin, daß sie auch mit Gottes Willen und Allmacht harmoniert! Entscheidend aber ist für unser Thema das noch lange nicht. Wir wollen wissen, ob die Schrift sie lehrt, ob es klare und unzweideutige Gottesworte dafür gibt, die uns sagen, daß Gott die gesamte Schöpfung erretten wird. Wir möchten darüber nicht nur Vermutungen anstellen, möchten nicht nur eine süße Hoffnung hegen, möchten uns nicht nur in ein schönes Phantasiegespinst hineinträumen, sondern wir möchten die Allaussöhnung wirklich glauben können. Unser Glaube soll auf Felsenboden ruhen. Es gibt tatsächlich über diese Fragen eine felsenfeste Gewißheit!
Die Schrift lehre die Allaussöhnung nicht - so wird von Tausenden von Gläubigen gesagt. Es sind viele Broschüren über diesen Punkt geschrieben worden, offene Briefe wurden hin und her gesandt, man hat anderen Gläubigen, welche die Allaussöhnung glauben wollten, viel Not gemacht, hat dieselben verketzert, hat sie vom Abendmahl ausgeschlossen, sie nicht mehr gegrüßt, und von Hunderten im Dienst ergrauten teuren Gottesmännern hörte man es mit größter Bestimmtheit sagen: Die Schrift weiß nichts von einer Allaussöhnung: es ist eine Irrlehre! Das ist eine schlaue Verführung des Feindes. Diese Lehre finde sich nirgendwo in der ganzen Schrift! - Und jene Geschwister haben tatsächlich größtenteils recht. Nicht die ganze Schrift weiß von der Allaussöhnung. Die Aussöhnung des Alls bezeugt allein nur Paulus. Es finden sich jedoch mancherlei Andeutungen dafür, daß die Liebe Gottes größer ist als die Gewalt der Finsternismächte, aber klipp und klar wird nirgendwo in der gesamten Schrift etwas von der Allaussöhnung bezeugt - außer bei Paulus. Das ist nicht von ungefähr; das hat seinen ganz bestimmten Grund. Wer diesen Grund einmal erkannt hat, der wird nicht immer wieder klare Worte des Herrn Jesus gegen sogenannte „dunkle Paulusstellen“ auszuspielen versuchen, sondern er wird hindurchblicken und erkennen, daß dies so sein muß. Solange nicht Paulus in seiner Eigenart und Stellung verstanden wird, solange kann die Allaussöhnung zwar vermutet, aber niemals innerlich erfaßt werden.
Gottes planmäßiges Handeln
Was ist das Generalthema der gesamten Schrift? Es ist der große Heils- und Rettungsplan, den Gott auf der Erde durchführt. Zur Durchführung dieser Pläne hat Sich Gott ein priesterliches Volk erwählt: Israel. Dieses Volk bildet im kommenden Äon den Kanal, durch den die Segensströme in die Völkerwelt hineinfließen werden. Gott wendet unendlich viel Mühe und Geduld auf zur Zubereitung dieses Segensträgers für die Völkerwelt auf der Erde. Auf Jahrtausende kommt es Ihm dabei nicht an. Sie sind vor Ihm wie ein Tag. Gegenwärtig ist dieser göttliche Quell irdischer Segnungen verstopft; nichtsdestoweniger vermag Gott dennoch Sein nie aufgegebenes Ziel zu erreichen. Vom Königreich der Himmel, das auf dieser Erde aufgerichtet werden soll, handeln alle heiligen Schriften mit Ausnahme der Paulusbriefe. All diese Königreichsschriften handeln von dem Plan Gottes für diese Erde. Hierfür ist Israel erwählt. Diese Erwählung und Berufung ist unbereubar (Röm. 11, 29). Was macht aber Gott jetzt in dieser Zwischenzeit, wo Israel beiseite gesetzt ist? Ruht Er Sich etwa von der schweren Arbeit mit diesem Volk aus, die Ihm bis jetzt scheinbar mißlang (Jes. 43, 24)? Davon kann keine Rede sein. Er führt jetzt einen Vorsatz durch, den Er zuvor in Sich Selbst verborgen hielt. Er beruft aus allen Nationen eine Auswahlgemeinde, die Körperschaft Christi, für eine überhimmlische Bestimmung. Alles, was diese Gemeinde betrifft, war bisher verschwiegen.
Es waren Geheimnisse, die Gott solange verborgen hielt, bis die Verstockung Israels endgültig war (Röm. 11, 25). Der Träger dieser Geheimnisse ist allein Paulus und kein anderer. Alle anderen heiligen Schriften betreffen die Dinge, die vom Niederwurf der Welt an oder gewöhnlich übersetzt von „Grundlegung der Welt“ an durchgeführt werden. Der Blick des Paulus geht weiter zurück. Er dient einer Gemeinde, die vorhererwählt ist (Eph. 1, 4), und er offenbart Geheimnisse, die vor den Äonen von Gott für uns zuvorbereitet sind (1. Kor. 2, 7; Eph. 3, 9; Kol. 1, 26). Alle Schriften des Königreichs handeln von dem, was sich innerhalb der Äonen abspielt - die paulinischen Briefe aber besitzen allein einen Horizont, der über die Äonen hinausreicht. Durch den Betrug der Philosophie, mit dem sich die Theologie schon in den ersten Jahrzehnten des Christentums verschwägerte, wurde Gott mit der Ewigkeit gleichgesetzt. Das ist ein Irrtum! Gott steht darüber. Wir lesen in Hebräer 1, 2, daß Gott durch den Sohn die Äonen gemacht hat. Hier steht im Grundtext das Wort aion, das gewöhnlich mit „Ewigkeit“ übersetzt wird. Gott hat diese Äonen durch den Sohn erst gemacht! Wozu? Hebräer 1, 2 gibt darauf die beste Antwort: damit Er der Losteilinhaber des Alls sei. In den Königreichsschriften reicht der Blick nie weiter als bis zu dem Leben, das den Gläubigen innerhalb der Äonen geschenkt wird, dem äonischen Leben, oder bis zu der Pein, die die Ungläubigen innerhalb dieser Äonen erfahren. Der Blick des Paulus geht weit darüber hinaus. Er sagt in 1. Korinther 10, 11, daß auf uns die Abschlüsse der Äonen gelangt sind. Das, was Gott am Ende aller Äonen mit dem ganzen All erreicht, nämlich Aussöhnung und völlige Harmonie, das ist im Geist und im Glauben jetzt schon auf uns gekommen.
Eine Bekanntmachung für die himmlischen Mächte
Wir haben zuvor schon das Pauluswort aus 1. Korinther 2, 7 erwähnt, daß Gottes Weisheit uns vor den Äonen zu unserer Herrlichkeit vorherbestimmt hatte. Zu welchem Zweck tat das Gott? Damit wir diese Weisheit den Fürstentümern und Gewalten in den himmlischen Regionen, die davon keine Ahnung haben, kundmachen können (1. Kor. 2, 8; vgl. mit Epheser 3, 10). Titus 1, 2 sagt, daß Gott uns die Verheißung äonischen Lebens gegeben hat vor den äonischen Zeiten. In 2. Timotheus 1, 9 schreibt Paulus von einer Gnade, die uns in Christus Jesus gegeben ist vor äonischen Zeiten. So sehen wir, daß der Blick des Paulus in der Vergangenheit weiter zurückreicht als der aller Propheten und Apostel des Königreichs. Da müssen wir uns nicht darüber wundern, wenn wir aus der Feder desselben Mannes vernehmen, daß Gott ihm auch Dinge geoffenbart hat, die über die Abschlüsse der Äonen hinausgehen. Paulus ist ja der Apostel der Körperschaft Christi (Kol. 1, 24-25). Nur bei ihm findet sich dieses Wort, das trefflich die überaus innige Beziehung veranschaulicht, die wir, als Seine Glieder, zu unserem erhöhten Haupt, Christus, haben. Diese Körperschaft ist die Vervollständigung dessen, der das All in allem vervollständigt (Eph. 1, 23). Wir dürfen das Organ sein, das der Vater dem Sohn gegeben hat, damit Er durch dasselbe alles einmal zur Vervollständigung bringt (Kol. 2, 9-10). Dieser Gemeinde muß ein Blick gegeben werden für den vollen Umfang der Liebespläne unseres großen Gottes.
Die Länge und Breite und Tiefe und Höhe sollen wir völlig erfassen (Epheser 3, 16-19). Darum finden wir auch in den allermeisten Briefen des Paulus klare und eindeutige Stellen, daß Gott wirklich das gesamte All einmal errettet (Eph. 1, 9-10; Kol. 1, 20). Diese Stellen sind nur für diejenigen dunkel, die immer noch versuchen, die Worte des Paulus gegen Jesu Worte auszuspielen. Man kann dabei soweit gehen, wie es Gläubige tatsächlich schon gemacht haben, daß man sagt: die Worte Jesu sind doch viel wichtiger als die Worte des Paulus. Was für ein Irrtum! Die Worte des Herrn Jesus in den Evangelien sind Worte des ins Fleisch gekommenen Christus, der ein Diener der Beschneidung wurde, um die Verheißungen der Väter zu bestätigen (Röm. 15, 8). Darum konnte und durfte Er zu ihnen nur von den äonischen Dingen reden. Die Worte des Paulus aber sind Worte des verherrlichten und zur Rechten Gottes erhöhten Christus. Ihm sind Fürstentümer, Gewalten und Mächte unterworfen. Er hat um Seiner tiefen Erniedrigung willen einen Namen bekommen, der über jeden Namen ist. Uns, die wir mit Ihm jetzt erniedrigt und dereinst erhöht werden, soll ein Blick geschenkt werden dafür, daß in diesem Namen auch einmal alle Knie sich beugen werden (Phil. 2, 9-11).
Wollen wir noch einmal das ganz klar festhalten: nur Paulus allein lehrt die Aussöhnung des Alls. Es wäre vom pädagogischen Standpunkt aus schon unweise, auf dem Boden des Königreichs Allaussöhnung zu lehren. Dort schließt alles mit Gericht ab. Der Blick des Paulus aber geht über das Gericht hinaus. So wollen wir jetzt nacheinander die einzelnen Paulusbriefe vornehmen und die Stellen auf uns wirken lassen, wo Paulus wirklich Allaussöhnung nicht nur andeutet, sondern auch lehrt.
(Anmerkung des Bearbeiters: Selbstverständlich sind die Worte des Paulus nicht wichtiger, als die Worte Jesu in den Evangelien. Es kommt in der bisherigen Ausführung leider nicht zum Ausdruck, dass es in jedem Fall der Herr Jesus Christus Selbst ist, der spricht! Nur eben einmal als der „ins Fleisch gekommene, erniedrigte Herr in Knechtsgestalt - Evangelien - und zum andernmal als der erhöhte und verherrlichte Herr in Sohnesgestalt - Paulusbriefe. Man kann also weder Jesus gegen Paulus ausspielen, noch Paulus gegen Jesus! In den Briefen des Paulus verkündet der Herr lediglich auf einer anderen, höheren Offenbarungsstufe.)
Der Römerbrief
Römer 5, 18 lesen wir: „Demnach nun, wie es durch die eine Kränkung für alle Menschen zur Verurteilung kam, so kommt es auch durch den einen Rechtsspruch für alle Menschen zur Rechtfertigung des Lebens.“ Sollten es einmal alle Menschen sein, die verurteilt werden, und zum anderen Mal nur einige, die zur Gerechtigkeit kommen? Lesen wir den ganzen Abschnitt im Zusammenhang, und wir werden finden, daß es sich in all diesen Versen um zwei Dinge handelt: Einmal um das, was alle Menschen um Adams willen erfahren, und auf der anderen Seite das, was alle Menschen um Christi willen bekommen. Sollten Adams Fluchauswirkungen stärker sein als die Segensauswirkungen Christi? Auf Römer 11 haben wir schon hingewiesen, möchten aber jetzt noch hinzufügen, daß die ganzen drei zusammenhängenden Kapitel Römer 9-11 durchforscht werden müssen, damit wir die Tiefen der Gerichte Gottes, von denen dieselben handeln, verstehen. Wir lesen in Römer 9, 14-16: „Möge das nicht gefolgert werden! Denn zu Mose sagt Er: Erbarmen werde Ich Mich, wessen Ich Mich erbarmen möchte; und Mitleid werde Ich haben, mit wem Ich Mitleid haben möchte. Demnach liegt es nun nicht an dem Wollenden noch an dem Rennenden, sondern an dem Sich erbarmenden Gott“. Man spricht viel von der „Freiheit des menschlichen Willens“. Vor der muß angeblich sogar Gott Halt machen. Menschlicher Wille kann nimmermehr endlos die Geschicke entscheiden. Der Wille des Menschen ist zeitlich begrenzt. Ebenso auch seine Auswirkungen. Es ist unbewußte Gotteslästerung, wenn man den menschlichen Willen gegen den göttlichen ausspielt. Gottes Wille ist unbegrenzt. Sein Wille triumphiert über den zeitlich begrenzten menschlichen Willen. Er wendet zwar nie Gewalt an, wenn Er retten will; Er läßt den Menschen einmal ruhig wollen, aber Er weiß zugleich ihn dahin zu bringen, daß er freiwillig seinen verkehrten Wille ändert, um ihn dem göttlichen Willen unterzuordnen. Solange wir in unseren Argumentierungen als Ausgangspunkt den Willen des Menschen nehmen, kommen wir nie zur Klarheit über göttliche Heilspläne. Wir müssen uns auf eine höhere Warte stellen. Von dieser höhere Warte aus schreibt Paulus in Römer 9-11. Und er kommt schließlich zu dem herrlichen Ergebnis in Kapitel 11, 32: „Gott schließt alle zusammen in Widerspenstigkeit ein, damit Er Sich aller erbarme.
Der 1. Korintherbrief
Wenden wir uns dem 1. Korintherbrief zu. In Kapitel 15, 22 lesen wir, daß in der gleichen Weise, wie in dem Adam alle sterben, so in dem Christus alle lebendig gemacht werden. Es wurde versucht, dieses Wort und die folgenden nur auf die Tatsache der Auferstehung aller Menschen für die Gnade oder fürs Gericht zu deuten. Dabei werden die im Grundtext deutlich unterschiedenen Worte auferstehen, auferweckt und lebendig gemacht werden einfach durcheinandergebracht. Auferstehen steht in der Schrift stets in Verbindung mit dem Körper. Auferweckt werden steht stets in Verbindung mit der Seele. Lebendig gemacht werden aber bezieht sich stets auf den Geist. Auferstandene und Auferweckte können wieder sterben, wer aber lebendig gemacht wurde, stirbt nie wieder. Auferweckungen gab es schon viele (der Sohn der Sunamitin, Lazarus, der Jüngling zu Nain usw.). Aber das ist niemals dasselbe wie lebendig gemacht werden. Sonst wäre es nicht wahr, daß Christus der Erstling ist. Für die Lebendigmachung gibt es drei Ordnungen: 1. der Erstling Christus, 2. die des Christus sind bei Seiner Anwesenheit, 3. das Ende, wenn Er das Königreich dem Gott und Vater übergibt, wenn Er abgetan haben wird alle Gewalt und Macht (1. Kor. 15, 22-28). Auch der zweite Tod ist ein Gewaltherrscher; denn es steht geschrieben, selig und heilig ist, wer Teil hat an der ersten Auferstehung; denn über solche hat der zweite Tod keine Gewalt. Jede Herrschaft und jede Gewalt muß weggetan werden. Auch der zweite Tod ist ein Feind, den Er (der Sohn Gottes) unter Seine Füße legen muß. Wenn bei den orientalischen Völkern ein König seine Füße auf den Nacken seiner unterworfenen Feinde stellte, so bedeutete das nie und nimmer, daß dieselben umgebracht würden. Es war vielmehr das Zeichen, daß diese Feinde nun zu Untertanen gemacht wurden. Am Ende wird nur einer ausgenommen sein vom gesamten All, der dem Sohn nicht unterworfen ist - nämlich Gott Selbst. In feierlichem Endakt wird der Sohn sich vielmehr dem Vater unterordnen, damit Gott fortan Selbst alles in allen sein wird. Seine Gegenwart wird die ganze Schöpfung verklären. Seine heiligende Nähe wird alles durchdringen. Der Sohn braucht nicht weiter mit Herrschermacht Widerstände niederzuhalten. Er braucht auch fernerhin nicht mehr als Priester zu fungieren. Als König regiert Er nur innerhalb der Äonen. Jetzt ist Er das Haupt der gesamten Schöpfung geworden. Letztlich regiert der Vater allein und ist alles in allem geworden (1. Kor. 15, 28)
Der 2. Korintherbrief
Wenden wir uns dem 2. Korintherbrief zu. Da lesen wir in Kapitel 5, 19, daß Gott in Christus war und die Welt mit Sich Selbst versöhnte. Die gesamte Welt ist versöhnt mit Gott. Das Wort „versöhnen“ bedeutet im Griechischen nur die Versöhnung einer Partei, nicht gegenseitige Aussöhnung. Wenngleich nun Gott auch versöhnt ist mit der ganzen Welt, so ist damit freilich noch lange nicht gesagt, daß auch der einzelne mit Gott versöhnt ist. Gott ist versöhnt mit allen - aber der Sünder wird nunmehr von Gott gebeten, sich auch von seiner Seite her mit Gott zu versöhnen (Vers 20). Aber das Blut floß für alle und gilt für alle. Es hat Versöhnung gebracht für die ganze Welt. Sollte es für irgend jemand vergeblich geflossen sein? Dazu ist es wirklich zu kostbar! Wollen wir von dieser Stelle nur das eine behalten, daß die Versöhnungsgrundlage gelegt ist für alle!
Der Epheserbrief
Im Galaterbrief kann sich selbstverständlich kein Wort von Allversöhnung und Allaussöhnung finden. Dieser Brief handelt von der Rechtfertigung durch den Glauben, die der nicht erkennt, der sich dem Gesetz oder Satzungen unterstellt. Darum wollen wir uns weiter zum Epheserbrief wenden. Dort lesen wir in Kapitel 1, 8-10: „In aller Weisheit und Besonnenheit macht Er uns das Geheimnis Seines Willens bekannt, nach Seinem Wohlgefallen, das Er Sich versetzte in Ihm für eine Verwaltung der Vervollständigung der Fristen, um in Christus das All aufzuhaupten: beides, das in den Himmeln und das auf der Erde“. Was für eine gewaltige Perspektive eröffnet sich da unserem Auge! Christus wird einmal das Haupt werden über das All! Wenn all diese Worte, die wir bis jetzt zitierten, nicht in der Heiligen Schrift stünden, und wir würden es wagen, uns so auszudrücken, dann würden all die Gegner der Aussöhnung des Alls rufen: Der lehrt ja Allaussöhnung! Er sagt es in ganz klaren Worten! Dann wäre die Ausdrucksweise plötzlich deutlich. Aber weil nun diese Stellen in der Schrift, stehen, wird behauptet, sie seien dunkel, obwohl sich Paulus unmißverständlich genug ausgedrückt hat.
Der Philipperbrief
Lesen wir Philipper 2, 8-11: Wenn sich die eine Hälfte der dort genannten Knie mit Loben und Danken, die andere Hälfte mit Heulen und Zähneknirschen beugen würde, wie dieses Wort erklärt worden ist, dann hätte Paulus nicht geschrieben: im Namen Jesu. Jesus heißt Retter. Wer sich in diesem Namen beugt, beugt sich zur Rettung und nicht aus Zwang. Das Wort ist ja zudem nicht ein Original, sondern zitiert. Das wissen viele nicht. Wenn wir dieser Stelle die rechte Auslegung geben wollen, dann müssen wir sie dort im Zusammenhang lesen, wo der Prophet Jesaja sie geschrieben hat. In Jesaja 45, 22-24 steht: „Wendet euch zu Mir und laßt euch erretten, alle Enden der Erde. Denn Ich bin El! Und da ist sonst keiner. Bei Mir Selbst schwöre Ich. Aus Meinem Mund geht Gerechtigkeit hervor. Und Mein Wort soll nicht widerrufen werden. Denn vor Mir soll sich jedes Knie beugen und jede Zunge huldigen dem Elohim. Ja, in Jewe, so sagt Er mir, ist Gerechtigkeit und Stärke.Zu Ihm kommen alle beschämt, die da gegen Ihn entbrannten.“ Dieses Wort handelt von den Nationen, die im kommenden tausendjährigen Reich durch Israel zurechtgebracht werden. Alle Völker müssen sich Israel anschließen. Alle Nationen müssen ihre Knie vor Jewe beugen. Niemand wird ausgenommen sein. Diese Stelle läßt es unmöglich zu, daß die eine Hälfte derer, die die Knie beugen, aus „Erlösten“, die andere Hälfte aus „Verurteilten“ besteht. Aber wie gesagt, dieses Wort geht nur die Erde an und bezieht sich auf die Zeit des kommenden Königreichs. Paulus greift jetzt dieses Wort auf, erweitert aber den Kreis derer, die ihre Knie beugen, und spricht nicht nur von solchen, die es auf der Erde tun, sondern auch von denen in den Himmeln und unter der Erde. Man kann aber nun unmöglich die zitierte Stelle anders auslegen als ihr Original. Was vom Vorbild gilt, muß in viel gewaltigerem und herrlicherem Ausmaß von diesem erweiterten Kreis gelten. Jede Zunge wird huldigen, daß Jesus Christus Herr ist. Das Wort „huldigen“ hat im Grundtext die Bedeutung eines dankbaren, aus tiefstem Herzensgrund kommenden Zeugnisses. Es ist das gleiche Wort, das sich in Matthäus 11, 25 findet: „Ich huldige Dir, Vater, Herr des Himmels und der Erde, weil Du dieses vor Weisen und Verständigen verbirgst“. Man könnte genausogut in Philipper 2, 11 sagen: Und jede Zunge wird huldigen, daß Jesus Christus Herr ist. Kann denn jemand Jesus Christus einen Herrn heißen, ohne durch den heiligen Geist (1. Kor. 12, 3)?
Oder wäre ein zähneknirschendes Bekenntnis eine Verherrlichung des Vaters? Wieder könnte zu dieser Stelle im Philipperbrief gesagt werden, stünde sie nicht in der Schrift und würde jemand sich so ausdrücken, viele würde sagen, das ist ja klare Allaussöhnung - Irrlehre!
Der Kolosserbrief
Wir kommen zum Kolosserbrief. Dort findet sich wohl die klarste und eindeutigste Stelle. Das All, lesen wir in Kapitel 1, Vers 16, ist in dem Sohn erschaffen worden, sowohl das in den Himmeln wie auch das auf der Erde, das Sichtbare und das Unsichtbare. Das All ist durch Ihn und zu Ihm hin erschaffen. Fürstentümer und Gewalten sind bei Paulus meist gottfeindliche Mächte (vgl. Epheser 3, 10 mit 6, 12); siehe auch Römer 8, 38-39 und Kolosser 2, 15. Es wird wohl niemand bezweifeln, daß diese Fürstentümer und Gewalten, die Throne und die Herrschaften, alles, was im Himmel und auf der Erde ist, daß sie durch den Sohn geschaffen wurden. Doch nicht nur das, sie wurden auch zu Ihm hin geschaffen, und das All besteht zusammen in Ihm. Auch das steht deutlich in Kolosser 1, 16,17. Das ist ebenfalls unbestreitbar. Auch Satan lebt durch den Odem Gottes und würde sterben, würde Gott Seinen Odem zurückziehen (s. Psalm 82, 6. 7). Kolosser 1, 18 handelt von der herausgerufenen Gemeinde Seiner Körperschaft, von der Christus jetzt schon das Haupt geworden ist. Die Verse 19 und 20 sprechen von der wunderbaren allumfassenden Erlösungstat, die auf Golgatha geschehen ist. Es war das Wohlgefallen der gesamten Vervollständigung, in Ihm zu wohnen und durch Ihn das All mit Sich auszusöhnen. Ist das nicht das gleiche „All“, von dem Vers 16 spricht? Es ist das gleiche; denn Paulus greift dies ja deutlich Vers 16 noch einmal auf, indem er hinzufügt, es sei das in den Himmeln oder das auf der Erde. Was gäbe es denn auch sonst in den Himmeln auszusöhnen, wenn es nicht die Fürstentümer und Gewalten wären, die dort ihre Wohnstätten haben (Eph. 6, 12)? Daß die Unterirdischen hier nicht erwähnt werden, braucht uns nicht zu verwundern. In diesem Abschnitt ist ja nicht von Totenauferstehung die Rede. Menschen stehen nicht im Mittelpunkt des Gesichtskreises. Hier ist vielmehr von der Gesamtschöpfung des Alls die Rede, durch den Sohn, und von der Gesamtaussöhnung des Alls durch das Kreuz. Wir wüßten nicht, wie sich Paulus hätte eindeutiger ausdrücken sollen, als er es hier tut. Wenn das wirklich wahr ist, daß das Blut Jesu eine so allumfassende Bedeutung hat, daß es auch die Dinge in den Himmeln, die Fürstentümer und die Gewaltigen aussöhnen kann - dann dürfen wir gewiß sein, daß auch unsere Schuld in der Tiefe des Meeres liegt und uns Gott in Christus Jesus ansieht, als ob wir nie gesündigt hätten.
Der 1. Timotheusbrief
Aus dem 1. Timotheusbrief haben wir schon das Wort aus Kapitel 2, Vers 4, angeführt: Gott will, daß alle Menschen gerettet werden. Christus Jesus ist der eine Mittler zwischen Gott und Menschen, der Sich Selbst gab zum Lösegeld für alle. Sollte Gottes Wille dem menschlichen Trotz weichen müssen? Sollte Er wollen und nicht können, weil der Mensch nicht will? Wir sind zutiefst überzeugt davon, daß Gott wirklich all Seinen Willen durchführt (Jes. 14, 24-27; 45, 8-11; 46, 10; Psalm 135, 6; Dan. 4, 32). Wir werden einmal staunen darüber, wie wunderbar Gott mit dem sogenannten „freien Willen“ des Menschen fertig wird. Der Wille und Trotz des Menschen wird ihn in Nacht und Qual hineinbringen; aber der Wille Gottes wird sich als mächtiger erweisen und wird schließlich das durchführen, was Er Sich in Seinem Erbarmen in Sich Selbst vorgesetzt hat. In 1. Timotheus 4, 10 lesen wir: Wir verlassen uns auf den lebendigen Gott, welcher der Retter aller Menschen ist, vor allem der Gläubigen.
Hier steht eindeutig und ohne Umschweife in klaren und prägnanten Worten, daß Gott der Retter aller Menschen ist, vor allem der Gläubigen. Gläubige bekommen eine besondere Rettung. Sie haben Leben schon in den kommenden Äonen, während die Ungläubigen im Tode bleiben bis zur Auferstehung zum Gericht (Off. 20, 11-15; Hiob 14, 10-12, Joh. 4, 36; 5, 24). Aber lebendig gemacht werden in dem zweiten Adam, in Christus, einmal alle (1. Kor. 15, 22).
Das Wort der Wahrheit richtig schneiden
Wir haben jetzt einen Gang durch den größten Teil der paulinischen Briefe gemacht. Wir haben gesehen, daß Paulus tatsächlich die Allaussöhnung lehrt. Wir wissen auch, warum nur Er sie lehrt. Wir sollten nie mehr versuchen, Worte aus den Evangelien gegen seine Worte auszuspielen. Ohne klare Schriftteilung kommen wir hier nie zur Gewißheit, ein rechtes „Schneiden“ ist unabdingbar (vgl. 2. Tim. 2, 15). Paulus verkündigt eine Weisheit, die vor den Äonen für uns bestimmt wurde, von der weder Fürstentümer noch Gewalten etwas ahnen. Kein Auge der Propheten schaute das, kein israelitisches Ohr vernahm es in den früheren Zeiten, und keines Menschen Herz hätte jemals einen so kühnen Gedanken erfaßt. Uns aber offenbart es Gott jetzt durch Seinen Geist, der alles, auch die Tiefen Seiner Selbst erforscht (1. Kor. 2, 7-10). Sagen wir doch nie mehr, diese erörterten Fragen seien zumindest nebensächlich! Welche Ungeheuerlichkeit - das höchste Endziel der Liebe Gottes sollte nebensächlich sein?! Wenn Gottes ganzes Herz nach diesem Endziel verlangt, wo Er einmal alles in allem sein wird, sollten wir dann gleichgültig sagen: Wenn nur ich gerettet werde?
Mögen wir es lernen, christozentrisch zu denken. Das Erkennen der allumfassenden Liebe Gottes macht fähig, auch die Feinde zu lieben. Denn wenn wir wissen, Gott Selbst wird einmal den Feind speisen, wenn ihn wirklich hungert - dann können wir das auch als Nachahmer Gottes. Die Gerichte Gottes werden dafür sorgen, daß sich all Seine Feinde einmal vor Hunger und Durst nach Ihm verzehren werden. Dann kann Gott helfen und feurige Kohlen sammeln auf die Häupter all Seiner Feinde. Dann wird das große Beschämtsein über die unverdiente Gnade Gottes, das nach Hesekiel 16, 54. 61. 63 einmal ganz Israel befallen wird, über all Seine Geschöpfe kommen.
(Quelle: Konkordante Schriftenreihe des Konkordanten Verlages, Pforzheim)